Der Weg zum Praktikum
Mehr als nur ein Pluspunkt im Lebenslauf
Sechs Monate war Theresa Wunder bei Querkraft Architekten in Wien. Sechs Monate, in denen sie vor allem gelernt hat, die Dinge pragmatisch zu sehen und – und das mag nun erstaunlich klingen: „Man braucht nicht unbedingt eine 60 Stunden Woche, um gute Architektur zu machen. Solange man gut organisiert ist.“ Denn neben ganz praktischen Erfahrungen wie Entwurf und Modellbau, nahmen die befragten Academy-Praktikanten vor allem organisatorische Kniffe mit. Natalie Burkhart, die bei Delugan Meissl in Wien war, fand beispielsweise die Layerstrukturen der CAD-Zeichnungen besonders hilfreich: „So arbeitet im Architekturstudium niemand. Aber bei einem komplexen Projekt, muss es ein effizientes System geben. Das wende ich auch weiterhin an.“ Doch darüber hinaus ist das Praktikum auch eine wertvolle persönliche Erfahrung. Fragt man Alexandra Tishchenko war es ein sehr persönlicher Moment, der ihr im Gedächtnis geblieben ist. Sie arbeitete drei Monate lang an einer Ausstellung für MVRDV mit: „Am Ende des Praktikums stand ich dann in der Ausstellung, an der ich mitgewirkt habe. Das Zugehörigkeitsgefühl gemeinsam mit dem Team das Ergebnis zu sehen war toll.“
Auslandserfahrungen
Hört man den drei Praktikantinnen beim Berichten zu, merkt man, dass sie alle von der Erfahrung im Ausland schwärmen. Natalie Burkhart zum Beispiel zog von Weimar nach Wien. Und möchte gar nicht mehr zurück. Nach sechs Monaten hat Wien ihr Herz erobert und nun bewirbt sie sich für einen Masterstudienplatz vor Ort. Und auch Theresa Wunder, die in Wien war, ist begeistert von ihrer Gaststadt. „Ich könnte mir vorstellen wieder nach Wien zu gehen.“ Alexandra Tishchenko wiederum war begeistert von der Vielfalt Rotterdams: „Im Grunde ist Rotterdam eine Architektenspielwiese.“
Tipps für die Bewerbung
Bevor es aber ins Ausland gehen kann, muss man sich für ein Büro entscheiden. Natalie Burkhart rät dabei besonders die Größe des Büros zu beachten. Denn in einem großen Unternehmen „ist man ein Praktikant von vielen.“ Während dort das Familiäre fehle, hat es den Vorteil, dass man viel von der Professionalität mitnehmen könne. Hat man dann das Büro seiner Träume gefunden heißt es einfach machen. Diese Erfahrung hat Theresa Wunder gemacht, die sechs Monate bei Querkraft arbeitete: „Man muss sich einfach trauen sich zu bewerben. Auch wenn man sich denkt die nehmen einen ohnehin hin. Sie nehmen einen eben doch!“
Worauf die Büros achten
Und worauf achten die Architekturbüros auf der anderen Seite des Schreibtischs bei den Bewerbungen? Carolin Michel von Schulz und Schulz Architekten und Andrea Zuñiga Espinoza von AllesWirdGut Architekten in Wien sichten die Bewerbungen in ihren jeweiligen Büros. Und sind sich einig: kurz und prägnant muss eine Bewerbung sein.
Das Portfolio
Für das Portfolio rät Carolin Michel zwanzig Seiten nicht zu überschreiten. Die Seiten sollten dann aber nicht vollgepackt sein, sondern übersichtlich dargestellt sein. Inhaltlich rät Andrea Zuñiga Espinoza vor allem die Bandbreite des bisher Erlernten zu präsentieren. Das bedeutet: Zum Beispiel nicht nur Wohnungsbauentwürfe zu zeigen, sondern die Variation des eigenen Könnens. Denn auf Basis des Portfolios entscheiden Büros in welchem Bereich sie ihre Praktikanten am besten einsetzen können. Und letztendlich gilt auch beim Portfolio: der erste Eindruck zählt: „Innerhalb der ersten zwanzig Sekunden entscheide ich, ob mir eine Bewerbung gefällt“ verrät Andrea Zuñiga Espinoza. Daher empfiehlt Andrea Zuñiga Espinoza mit einem guten Projekt anzufangen und einem guten zu enden.
Die große Frage ausgedrucktes oder digitales Portfolio wiederrum kann man nicht eindeutig beantworten. Letztendlich haben beide ihre Vorteile: Während das digitale Portfolio den Vorteil hat, auch von unterwegs gelesen zu werden, kann ein gedrucktes Portfolio durchaus länger im Gedächtnis bleiben. Auch wenn Andrea Zuñiga Espinoza keines von beiden präferiert fällt ihr auf, dass „ein analoges Portfolio länger auf dem Schreibtisch und im Gedächtnis bleibt. Gerade wenn tolles Papier genutzt wird und es eine schöne Bindung hat.“
Das Anschreiben
Zweiter wichtiger Teil einer jeden Bewerbung ist das Anschreiben. Hier gilt zu beachten, keine generischen Anschreiben zu verfassen. Gerade bei digitalen Bewerbungen kommen zum Beispiel bei AllesWirdGut Architekten häufig Bewerbungen, die sich allgemein an Büros richten: „Dann weiß ich der Bewerber hat das genauso an weitere Büros gesendet. Dabei ist es wichtig zu zeigen, dass man sich mit unserer Arbeit und unseren Projekten auseinandergesetzt hat“. Dem stimmt auch Carolin Michel zu. Zusätzlich dazu schätzt sie es, wenn eine persönliche Verknüpfung zu den Arbeiten von Schulz und Schulz hergestellt wird. Und was immer gut ankommt: „Wenn der Bewerber angibt, wie sie oder er sich selber einschätzt. Ohne dabei aber große Reden zu schwingen.“ Damit jeder Praktikant am Ende auch glücklich in dem Büro ist, rät Andrea Zuñiga Espinoza ihren Bewerbern in dem Anschreiben die eigenen Interessen zu nennen: „Wenn jemand gerne mehr in der Projektausführung lernen möchte, dann kann er das ruhig so in die Bewerbung reinschreiben.“
Zu guter Letzt legt Andrea Zuñiga Espinoza ihren Bewerbern ans Herzen persönlich in Kontakt zu treten. Also ruhig mal anzurufen und nachzufragen, wann wieder Praktika vergeben werden und was die Bewerbung beinhalten soll. So hat sie schon eine Stimme, die zu der einkommenden Bewerbung gehört.
Die Baumeister Academy ist ein Praktikumsprojekt des Architekturmagazins Baumeister und wird unterstützt von GRAPHISOFT und der BAU 2019. Die Bewerbungsrunde endete im Dezember 2019. Mehr Informationen zu dem Bewerbungsverfahren finden Sie hier.
Dieser Artikel stammt aus der Augustausgabe 2019 des Baumeister. Das Architekturmagazin wird – ebenso wie New Monday – von GEORG Media herausgegeben.