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"Die Architektenkammern haben aus unserer Sicht den Nachwuchs bisher weitgehend vernachlässigt."

Es bewegt sich was beim Architekturnachwuchs. Bereits im letzten Jahr fanden zwei bundesweite Vernetzungstreffen von Architekturstudierenden statt. Dieses Jahr geht es in die nächste Runde: Vom 27.02. – 01.03.2020 treffen sich 35 deutschsprachige Architekturfachschaften in Darmstadt, um sich auszutauschen. Das Ziel: eine langfristige Vernetzungsplattform zu gründen. Wir sprachen mit dem Initiator Fabian Dahinten von der Fachschaft der Hochschule Darmstadt über den Architektennachwuchs.
Veröffentlicht am 10.02.2020

Vier Tage lang treffen sich deutschsprachigen Architekturfachschaften in Darmstadt – was ist das Ziel dieses Treffens?
Die Vernetzung – ganz klar. Wir wollen uns untereinander kennenlernen und uns austauschen: Was läuft bei wem gut und was kann man von dem anderen lernen? Da es erst das dritte Treffen dieser Art ist, geht es natürlich auch um die große Frage: Wie soll es weitergehen mit den Treffen?

Weshalb ist es so wichtig, dass sich Fachschaften untereinander vernetzen und austauschen?
Da gibt es viele gute Gründe: Zum einen können wir Erfahrungen austauschen, gerade im Hinblick auf die Ausstattung unserer Fachbereiche, die Art der Lehre oder eben auch, wie wir auf dem Weg in den Beruf vorbereitet werden. Zum anderen treffen wir Menschen deren Herz ebenso für die Architektur schlägt wie unseres – und das ist immer toll!

Es gibt eine Architektenkammer, aber bis jetzt keine Kammer, die Nachwuchsarchitekten repräsentiert. Können die Fachschaften, diese Lücke schließen?
Die Architektenkammern haben aus unserer Sicht den Nachwuchs bisher weitgehend vernachlässigt. Architekten werden meist erst dann für die Kammern interessant, wenn sie nach dem Masterabschluss zwei Jahre Berufserfahrung gesammelt haben. Das ist schade, denn gerade während dem Studium gibt es viel Potenzial sich mit anderen Studierenden auszutauschen und sich mit Themen aus der Branche zu beschäftigen. Die Fachschaften allein können diese Lücke nicht füllen. Aber wenn wir den Kreis für alle interessierten Architekturstudierenden öffnen, dann schon.

In den USA gibt es bereits eine Kammer, die die Studierenden vertritt – das American Institute of Architecture Students . Woraus besteht deren Arbeit?
Der AIAS ist eine eigenständige Organisation der Architekturstudierenden in Amerika. Von ihr gibt es in allen Hochschulen VertreterInnen, sie organisieren Exkursionen, Fortbildungen und unterstützen ihre Mitglieder auf dem Weg in die Architektenkammer.

Ist eine solche Jugendkammer auch für den deutschsprachigen Raum denkbar?
Genau um diese Frage geht es Ende Februar in Darmstadt. Daher freuen wir uns, dass wir mit circa 120 TeilnehmerInnen von 35 Fachschaften, Tillman Prinz von der Bundesarchitektenkammer und Karma Israelsen vom AIAS gemeinsam darüber diskutieren können.

Wie sieht es in anderen Branchen aus? Sind dort die Studierenden besser vernetzt?
Ja, da sieht es oft deutlich besser aus. Jede Branche hat da ihren eigenen Weg gefunden. Zum Beispiel haben die Bauingenieure eine regelmäßig und sehr professionelle Bundesfachschaftentagung, die jedes Jahr stattfindet. Oder im Bereich Medizin, dort gibt es viele Interessenverbände direkt von Studierenden, die sich auch politisch einbringen, wenn es um Zukunftsthemen geht.

Was denken Sie woran das liegt? 
Darüber könnte ich nur spekulieren. Ich freue mich jedoch riesig, dass im letzten Jahr die Fachschaften aus Regensburg und Münster diesen Stein auch bei Architekturstudierenden ins Rollen gebracht haben. Den sollten wir jetzt am Laufen halten und schauen wohin er rollt. 

Hand aufs Herz – welchen Einfluss können Fachschaften wirklich auf das Architekturstudium ausüben? 
Keinen bis eine Menge. Das haben die letzten Treffen schon gezeigt. Eine junge und unerfahrene Fachschaft zum Beispiel, kann ihren Einfluss oft nicht so geltend machen, wie es nötig wäre. Bei uns an der Hochschule Darmstadt zeigt sich, wie die Professorenschaft auf Augenhöhe den Studierenden zusammenarbeiten kann. Selbst wenn es um die grundlegenden Fragen geht, wie soll die Lehre aufgebaut werden, wurden wir bisher von Anfang an integriert und haben Anregungen geliefert, die es in das neue Studienprogramm geschafft haben. 

Wie gelingt denn die Zusammenarbeit mit den Hochschulen?
Das kann man nicht so pauschal sagen. Die Strukturen an den über 70 Hochschulen in Deutschland sind oft so unterschiedlich, dass es da sicherlich keine goldene Lösung gibt. Doch die Fülle an guten Beispielen und interessanten Wegen ist enorm. Und wenn wir einen Raum bieten, in dem man diese Ansätze austauschen kann, findet sicherlich jede Fachschaft gute Lösungen, die sie auch bei sich umsetzen können.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Architekturstudiums?
Das wir mehr gemeinsam tun! Jeder Fachbereich hat einen ganz eigenen Fokus, es könnte so inspirierend sein, in hochschulübergreifenden Workshops, Wettbewerben oder Exkursionen auch den Blick der Anderen kennenzulernen. Doch nicht nur die inhaltliche Weiterbildung bietet große Chancen. Stellen Sie sich vor, wir als Studierende und junge Absolventen hätten eine gemeinsame Stimme. Dann könnten wir bei den großen Fragen unserer Zeit mitreden: Wieso sind wir so unexperimentell in unserem Wohn- und Stadtraum? Wieso wird unsere Arbeit, die unseren Lebensraum doch direkt beeinflusst, eigentlich so schlecht bezahlt? Wer darf in Zukunft alles planen? Wie gehen wir nachhaltig mit Raum und Materialien um?

Zur Person

Fabian P. Dahinten studiert seit 2011 Architektur an der Hochschule Darmstadt. Seit 2013 engagiert er sich in der Fachschaft der Hochschule. Gemeinsam mit Katharina Körber und Johanna Lentzkow organisert er das Vernetzungstreffen der Architekturfachschaften im Februar 2020.

 

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