"Das Problem ist ein globales Problem und wir können sehr viel mehr erreichen, wenn wir alle zusammenarbeiten."
Worum geht es bei Precious Plastic?
Precious Plastic ist ein Projekt, das Lösungen für die weltweiten Massen an Kunststoffmüll entwickeln will. Unser Ziel ist es, Recycling verständlicher und überall zugänglich zu machen. Wir entwickeln dafür Maschinen, Techniken und Produkte. Außerdem stellen wir digitale Plattformen, Bedienungsanleitungen und Videos zur Verfügung, die das Material und den Umgang damit verständlich machen. Alles, was wir entwickeln, teilen wir open-source online, so dass jeder kostenlos und so hürdenfrei wie möglich lernen kann, wie man selbst eine Recycling-Werkstatt aufbauen kann.
Precious Plastic ist eine weltweit vernetzte Gemeinschaft, die Recyclingprozesse der Industrie zugänglicher machen will.
Wie ging das Projekt los?
Es startete 2013 mit der Abschlussarbeit des niederländischen Industriedesigners Dave Hakkens, der existierende Recyclingprozesse der Industrie zugänglicher machen wollte und dies in Form von verkleinerten und vereinfachten Maschinen (ein Schredder, eine Spritzgussmaschine, eine Extrusionsmaschine und ein Kompressions-Ofen) umsetzte. Er teilte die Baupläne und Anleitungen online, so dass jeder sie nachbauen und modifizieren konnte. Nach und nach fingen Menschen aus verschiedenen Ecken des Erdballs an, die Maschinen zu bauen, teilten es online und arbeiteten zusammen an Lösungen. Während eine weltweit vernetzte Gemeinschaft heranwuchs, holte sich Dave weitere Mitstreiter dazu, um in verschiedenen Iterationen die Hardware und Software weiter zu entwickeln. Die vierte und aktuellste Version, das sogennannte „Precious Plastic Universe“ wurde im Januar 2020 gelauncht.
"Für uns gestaltet sich die Umsetzung so, dass wir als Erstes in Frage stellen, was wir wirklich benötigen und versuchen, so wenig wie möglich zu konsumieren."
Wie würdet ihr den Begriff „Nachhaltigkeit“ definieren?
Nachhaltigkeit ist ein riesiger Begriff – ich denke es geht in diesem Zusammenhang hauptsächlich um die ökologische Nachhaltigkeit. Die wird allgemein als Prinzip definiert, nach dem nicht mehr Ressourcen verbraucht werden dürfen, als nachwachsen, sich regenerieren und somit künftig wieder bereitgestellt werden können. Das sagt schon ziemlich viel aus. Für uns gestaltet sich die Umsetzung so, dass wir als Erstes in Frage stellen, was wir wirklich benötigen und versuchen, so wenig wie möglich zu konsumieren. Das gilt für uns privat aber auch für unsere Projekte. Wenn wir etwas verbrauchen, dann versuchen wir etwas Bestehendes dafür zu verwenden. Und grundsätzlich gilt: Lieber in gute, langlebige Qualität investieren als mit günstigen kurzlebigen Produkten wertvolle Ressourcen zu verschwenden. Zu lernen wie man Dinge selbst macht und repariert gehört natürlich auch dazu.
Die Open Source-Plattform entwickelt Maschinen zum Plastikrecycling und stellt dafür Baupläne zur Verfügung.
Precious Plastic ist wie bereits erwähnt ein Open Source-Projekt. Wie finanziert ihr euch?
Bisher haben wir uns überwiegend über Spenden finanziert. Neben Einzelspenden ermöglicht die Plattform Patreon.com eine reguläres monatliches Einkommen durch Menschen, die unsere Projekte unterstützen. Zudem können wir durch Präsentationen hin und wieder ein zusätzliches Einkommen generieren. Wir haben auch mehrere Preise im Design- oder Nachhaltigkeitsbereich erhalten, und Projekte im Ausland umgesetzt, die in Partnerschaft mit Organisationen wie UN Habitat, Parley und Grameen Telekom stattfanden und so finanziert wurden.
"Das Problem ist ein globales Problem und wir können sehr viel mehr erreichen, wenn wir alle zusammenarbeiten."
Ihr habt eine Community-Plattform und insgesamt einen starken Community-Gedanken. Kannst du kurz erklären, wie das konkret funktioniert?
Ja, diese Community ist ein unglaublich wichtiger Bestandteil, ohne die das Projekt nie zu dem geworden wäre, was es heute ist. Das Ganze findet vor allem online auf unseren Plattformen statt, wo Menschen sich finden und zusammentun, neue Techniken und Lösungen teilen, Fragen stellen und beantworten können. Gleichzeitig schafft es aber auch lokale Communities von Leuten, die in ihrer Umgebung zusammen arbeiten, Cleanups machen, recyceln und andere Menschen inspirieren. Das Problem ist ein globales Problem und wir können sehr viel mehr erreichen, wenn wir alle zusammenarbeiten.
Wie kann man sich einen Arbeitstag bei Precious Plastic vorstellen?
Haha, das kommt ein bisschen auf die Zeit an. Bisher war es so, dass wir immer wieder neue Versionen des Projekts erstellt haben. Das heißt, dass wir einen Plan machen, welche Bereiche des Projektes erarbeitet oder verbessert werden müssen. Dafür trommeln wir Menschen zusammen, mit denen wir gemeinsam diese neue Version entwickeln können. Während so einer Entwicklungsphase ist sehr viel los, vor allem während der letzten Version 4. Da haben wir mit über 40 Leuten verschiedener Nationalitäten (über das Jahr verteilt waren es mehr als 100 Leute!) an verschiedensten Themen gearbeitet. Teil der Arbeit von fast jedem im Team ist es auch, regelmäßig Updates an die Online-Community zu schreiben, um den Status zu teilen und um auf Fragen oder Ideen eingehen zu können.
Arbeitet ihr auch mit Universitäten zusammen?
Abgesehen von ein paar Explorationsprojekten oder Workshops mit Studentengruppen haben wir noch nicht direkt mit Universitäten zusammen gearbeitet. Allerdings gibt es einige Universitäten, wo die Precious Plastic Maschinen gebaut wurden und im Lehrprogramm inkludiert wurden, wie zum Beispiel an der Monash University in Melbourne.