BIM – ein Muss für die Architekten von morgen?
Wer keine Chance hat, vor BIM die Augen zu verschließen, sind die Nachwuchskräfte von morgen. Studierende, die heute ihr Architekturstudium beginnen, haben keine Wahl: Wenn sie ihren Abschluss in der Tasche haben, muss darin ein dickes BIM-Paket enthalten sein. Denn sie werden mit der Methode arbeiten, ob sie wollen oder nicht. Universitäten und Hochschulen haben die Notwendigkeit erkannt und passen ihre Ausbildungsinhalte entsprechend an. Deutschlandweit gründen sich dort seit einigen Jahren Institute und BIM-Labore, Vorlesungen und Seminare zu BIM sind fester Bestandteil der Lehrinhalte geworden.
"Wir legen jetzt den Grundstein für die Zukunft"
Die Studierenden der HafenCity Universität (HCU) Hamburg scheinen bereits ein Gespür dafür zu haben, dass BIM für ihr Berufsleben eine wichtige Rolle spielen wird. Die bislang angebotenen Seminare des neuen „Building Innovation Lab“ erfreuen sich großer Beliebtheit, die Teilnehmerzahl liegt über dem üblichen Durchschnitt. Seit Januar dieses Jahres betreiben Studierende und Dozierende im BIM-Labor Grundlagenforschung: „BIM wird in der gesamten Bauwirtschaft fundamental wichtig werden, daher legen wir jetzt den Grundstein für die Zukunft unserer Studierenden“, sagt Daniel Mondino, einer der drei Professoren des interdisziplinären Forschungslabors. „Die Architekten und Bauingenieure von morgen müssen diese Schlüsselkompetenz verinnerlichen, ansonsten werden sie sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun.“
Mondino wurde kürzlich auf die Suhr-Stiftungsprofessur für Building Information Modeling der HCU berufen. Der Mitinhaber von Core architecture hat sich bereits intensiv mit der Planungsmethodik befasst und verfügt über langjährige Projekterfahrung mit BIM. „Die Digitalisierung wirkt sich bereits auf alle Ebenen des Lebens aus, davon ist die Baubranche natürlich nicht ausgenommen“, sagt Mondino. „Jedoch wird BIM beim Planen, Bauen und Betreiben von Gebäuden noch zu wenig wahrgenommen. Daher ist unser Ansatz, das den Studierenden so frühzeitig nahezubringen, damit sie mit ihrem Fachwissen die Architekturbüros bereichern.“
Hoffnung auf mehr Aufgeschlossenheit bei der nächsten Generation
Gemeinsam mit Annette Bögle, Professorin für Entwurf und Analyse von Tragwerken, sowie Reinhold Johrendt, Professor für Bauökonomie, setzt Mondino bei den Lehrinhalten auf eine enge Verzahnung mit der Praxis. Mit an Bord ist dafür die Metropolregion Hamburg. In einem „Reallabor“ sowie einem „future lab“ sollen die HCU-Studierenden sich mit Fragen aus der Praxis und dem sich wandelnden Berufsbild auseinandersetzen.
Mondino erhofft sich von den Studierenden eine größere Aufgeschlossenheit BIM gegenüber. Denn Skepsis ist in seinem Berufsstand weit verbreitet: „Jeder Mensch hat Angst vor Wandel, das ist ganz natürlich, und da stellen Architekten keine Ausnahme dar. Die technischen Entwicklungen in den letzten Jahren haben in immer kürzeren Abständen immer Neues hervorgebracht“, sagt der Architekt. „Die Art der Kommunikation hat sich verändert, wir sprechen über Künstliche Intelligenz und Robotik, integrierte Prozesse mit unüberschaubaren Informationsmengen bestimmen unseren Arbeitsalltag.“ Dafür möchte Mondino die Studierenden fit machen und die Lehre entsprechend anpassen. Für ihn ist klar: „Die Zukunft ist kooperativ, isoliertes Denken bringt uns nicht weiter.“
Dass den „Digital Natives“ das Arbeiten mit Software und digitalen Planungsmethoden leichter von der Hand geht als erfahrenen Architekten, bezweifelt Forschungskollege Reinhold Johrendt. „Das ist keine Generationenfrage, sondern Typsache“, beobachtet der HCU-Professor. „Es gibt vereinzelt Studierende, die glauben, dass sie später ihre Pläne noch per Hand zeichnen, weil sie keinen Sinn für den digitalen Fortschritt mitbringen. Andere sind vorne mit dabei und probieren sofort neue Technologien aus.“
Um das theoretische Wissen mit Praxiserfahrung zu untermauern, setzen die HCU-Professoren Mondino, Johrendt und Bögle für die Teilnehmenden auf Praxistests, bei denen Hochbauprojekte unter realen Bedingungen mit BIM umgesetzt werden.
Ziel ist die Stärkung der Architektenrolle
Studierende anderer Hochschulen setzen sich ebenfalls intensiv mit BIM auseinander. So untersuchen Absolventen der Universität Konstanz in ihren Abschlussarbeiten seit einigen Jahren bereits ein breites Themenspektrum rund um BIM: Da geht es um Anforderungen an BIM-Manager, um Projektsteuerung und Prozessabläufe, um Implementierungen in verschiedenen Industriesektoren, um den Einsatz mobiler Endgeräte in der Bauausführung oder die Verbindung von BIM mit „Lean Construction“.
Auch die Bergische Universität Wuppertal eröffnete im vergangenen Februar ein BIM-Labor. Die Forschenden beschäftigen sich in öffentlich geförderten Projekten mit Fragestellungen aus den Themenblöcken Lebenszyklus, Realisierung, Rückbau oder auch Gebäudeperformance.
Zu wissen, wie man mit den technischen Werkzeugen und Methoden umgeht, ist die eine Sache. Was BIM für das Berufsbild der Architekten bedeuten kann, eine andere. „Die Arbeitsmethode BIM hat das Potenzial, die Rolle des Architekten im Bauprozess zu stärken“, ist Johrendt überzeugt. Die Ausbildung sollte darauf ausgerichtet sein. „Dafür müssen auch die Hochschulen ihre Arbeitsmethodik öffnen und Studierende multifunktional ausbilden.“
Für die Architekten von morgen sieht der Bauökonom in der Planungsmethode eine unumgängliche Arbeitsanforderung: „Wer sich mit BIM nicht auseinandersetzt, der läuft Gefahr, zum Spielball anderer Interessen werden. Fachwissen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Das gilt für Studierende wie für Berufspraktiker gleichermaßen.“
Dieser Artikel stammt aus der Dezemberausgabe 2018 des Baumeisters. Das Architekturmagazin wird – ebenso wie New Monday – von GEORG Media herausgegeben.